Heute ist der 3. September und am 3. September 1967, um 5 Uhr morgens, fand der grösste Seitenwechsel von links nach rechts in der Geschichte Schwedens statt. Nein, es geht hier nicht um ein politisches Erdbeben, sondern um den «Dagen H», den Tag, der den schwedischen Strassenverkehr mit der Verlegung der Fahrspur von der linken auf die rechte Seite revolutionierte. Mit diesem Kurswechsel trat Schweden mit einem Schlag ins Lager der Mehrheit über: Heute fahren in der Tat ungefähr zwei Drittel der Menschheit auf der rechten Seite. In noch 59 Ländern und Gebieten wird der Verkehr aber links geregelt, dabei handelt es sich vor allem um ehemalige Kolonien und britische Dominions, die zusammen mehr als 2,3 Milliarden Menschen zählen.
Auch als links fahrende Nation hatte Schweden eine Ausnahme gebildet: Im Unterschied zu den anderen Ländern mit Linksverkehr, die das Lenkrad auf der rechten Seite des Autos hatten, befand sich dieses im skandinavischen Land links, wodurch ein sicheres Überholen erschwert war. Obwohl in den schwedischen Autos das Lenkrand auf der gleichen Seite eingebaut war wie im kontinentalen Europa, stellte die Automobilindustrie für das Land Sonderanfertigungen her, nicht zuletzt deshalb, weil die Scheinwerfer, um den Gegenverkehr nicht zu blenden, anders eingestellt werden mussten.
Vor dem triumphalen Erfolg des Autos und des internationalen Verkehrs verursachte die Frage des Links- oder Rechtsverkehrs keine unüberwindbaren Probleme: Wahrscheinlich lag die Fahrspur in der Zeit von der Antike bis zum Mittelalter eher auf der linken Seite. Die Gründe dafür sind nicht ganz geklärt und verlieren sich im Nebel von verschiedenen Legenden, wie zum Beispiel jener, gemäss der sich die Ritter am liebsten links hielten, um das Schwert mit der rechten Hand leichter ziehen zu können. Ob dies die Erklärung dafür ist, dass die Nachkommen von König Artus in ihrem Reich die Fahrspur auf der linken Seite beibehielten? Wenn man von Japan absieht, sind die Länder der Welt, die heute noch links fahren, tatsächlich mit der Geschichte des britischen Kolonialreiches verbunden. In Kontinentaleuropa wurde der Linksverkehr 1927 in einer in Paris unterzeichneten internationalen Konvention festgelegt. Italien führte den Rechtsverkehr ab 1924 ein, der Wechsel der Fahrspur stellte die Stadt Mailand jedoch vor grosse Probleme. Sie regelte den Verkehr noch für eine gewisse Zeit auf der linken Seite, während man ausserhalb der Stadt bereits rechts fuhr. In Österreich gestaltete sich die Einführung des Rechtsverkehrs noch traumatischer und vollzog sich in fünf Etappen zwischen 1921 und 1938.
Mit dem grossen schwedischen Seitenwechsel von links nach rechts im Jahr 1967 fuhr schliesslich ganz Kontinentaleuropa auf der gleichen Seite. Es dauerte insgesamt also 40 Jahre, bis die Konvention von Paris umgesetzt war.
[Datum der Erstausstrahlung: Radiotelevisione Svizzera RSI, Rete Due, 3. September 2013, 07:05 Uhr]