Am 6. November 1962 verabschiedete die Generalversammlung der Vereinten Nationen eine Resolution, welche die Rassendiskriminierungspolitik der südafrikanischen Regierung, die Apartheidpolitik, aufs schärfste verurteilte und von allen Mitgliedern der UNO verlangte, die diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen mit Südafrika abzubrechen. Spätestens an diesem Tag im November 1962 wurde Südafrika zum Paria der internationalen Gemeinschaft. Mit einer internationalen Konvention von 1973 erklärte die UNO die Apartheid schliesslich zum Verbrechen gegen die Menschlichkeit und die südafrikanische Politik zur ernsthaften Bedrohung des Friedens und der internationalen Sicherheit.
Auch wenn es stimmt, dass die Bezeichnung «Apartheid» als Übersetzung des viel älteren englischen Begriffs «Segregation» erst gegen Ende der Dreissigerjahre aufgetaucht war und dann den Regimewechsel in Südafrika von 1948 semantisch konnotierte, so ist es ebenfalls wahr, dass die Apartheidpolitik der neuen Regierung überhaupt keinen Bruch mit der Vergangenheit bedeutete. Im Gegenteil, die Entwicklung von immer repressiveren Massnahmen zur Trennung der Rassen, die in der Zeit zwischen den beiden Kriegen eingeführt worden waren, wurde weiter vorangetrieben. Dem kurz nach dem Ersten Weltkrieg ins Leben gerufenen Völkerbund war es mit dem Mandatssystem weder gelungen die Kolonialfrage zu lösen noch die Gleichbehandlung aller Rassen durchzusetzen, eine Forderung Japans, die von Grossbritannien und den USA mit Erfolg abgewiesen wurde. Eine Analyse zur Wahrnehmung der Segregationspolitik Südafrikas während der Zeit zwischen den beiden Kriegen aus der Sicht der Internationalen Arbeitsorganisation zeigt auf, dass die südafrikanischen rassistischen Massnahmen, zum Beispiel zur Regulierung der Arbeit in den Minen und in der Landwirtschaft, von der internationalen Gemeinschaft allgemein gebilligt wurden. Vielleicht sollte hier daran erinnert werden, dass die USA die Diskriminierung im Wahlrecht und die Rassentrennung in den Schulen, am Arbeitsplatz und in den öffentlichen Diensten Amerikas erst mit dem Civil Rights Act von 1964 für illegal erklärten. Die deutliche Verurteilung Südafrikas durch die Vereinten Nationen am 6. November vor siebenundfünfzig Jahren war möglicherweise eher Ausdruck der neuen Machtverhältnisse innerhalb der Organisation nach der Entkolonialisierung von 1960 und der Aufnahme von zahlreichen neuen afrikanischen Staaten als ein Hinweis auf einen bevorstehenden Wandel. Trotz den internationalen Sanktionen und dem Boykott Südafrikas, das sogar von den olympischen Spielen ausgeschlossen wurde, hielt sich das rassistische Regime noch drei Jahrzehnte an der Macht. Die Proteste im Innern und der internationale Druck führten schliesslich 1990 zur Freilassung von Nelson Mandela und 1994 zu seiner Wahl zum Staatsoberhaupt, womit das Ende der Apartheid endlich besiegelt war.
Oggi la storia6.11.2019